Octavie Modert au sujet du Cloud Computing

Luxemburger Wort: Frau Modert, eigentlich könnte man ja meinen, der Kommunikationsminister wäre dafür zuständig, die richtigen Rahmenbedingungen fürs Cloud Computing zu schaffen. Was hat das Justizministerium damit zu tun?

Octavie Modert: Vor einigen Wochen hat das Parlament eine Gesetzesvorlage aus der Feder des Justizministeriums verabschiedet, die durch eine Abänderung am Handelsgesetzbuch für Rechtssicherheit im Bereich des Cloud Computing sorgt. Das ausgelagerte Verwahren von elektronischen Daten bietet enormes Potenzial, es könnte sich für Luxemburg zur neuen Stahlindustrie entwickeln. Damit solche Nischen entstehen und neue Arbeitsplätze geschaffen werden, muss man einen entsprechenden Rahmen schaffen und für Rechtssicherheit sorgen. Das haben wir mit dem erwähnten Gesetz getan, das in Abstimmung mit den Vertretern der Branche entwickelt wurde. Die Nutzer von Cloud Computing-Diensten können künftig sicher sein, dass sie auf ihre Daten zurückgreifen können, sollte der Anbieter von Speicherkapazitäten in Konkurs gehen. Luxemburg ist das erste Land in der EU, das seine Gesetzgebung in dieser Hinsicht angepasst hat. Gegenüber der Konkurrenz verschafft uns das einen enormen Vorsprung.

Luxemburger Wort: Und wie lange wird es dauern, bis die Konkurrenz diesen Vorsprung wieder wettgemacht hat?

Octavie Modert: Die Konkurrenz schläft nicht, das stimmt. Und dennoch haben wir mit dem Gesetz bewiesen, dass wir schnell handeln können, und dass wir wissen, worauf es im Einzelfall ankommt.

Luxemburger Wort: Was ist für die Entwicklung von Cloud Computing-Diensten wichtig?

Octavie Modert: Die Infrastruktur zum Einen, und in dieser Hinsicht verfügt Luxemburg mit seinen Datenzentren seit einiger Zeit schon über große Vorteile, was jenseits der Landesgrenzen allgemein bekannt ist. Zum Anderen braucht es Vertrauen, und dafür haben wir mit diesem Gesetz gesorgt, sodass wir nun neue Investoren anwerben können, die über ein zusätzliches Verkaufsargument verfügen, um für das Cloud Computing zu werben. Mit dem Gesetz haben wir bewiesen, dass wir nicht nur eine Infrastruktur aufbauen, sondern auch digitalen Inhalt entwickeln können. Dieses Gesetz gibt also Kommunikationsminister Luc Frieden ein wichtiges zusätzliches Argument in die Hand, um für den Kommunikationsstandort Luxemburg zu werben.

Luxemburger Wort: Wie hat sich die Branche in Luxemburg entwickelt?

Octavie Modert: Die Wachstumsraten liegen im zweistelligen Bereich. Man muss auch wissen, dass die Datenaufbewahrung in der digitalen Wolke für die Kunden große Vorteile hat. Sie brauchen ihre eigenen Datenspeicher nicht mehr zu warten, was ohnehin in der Regel nicht ihr Kerngeschäft ist. Besser ist es, diese Aufgabe Profis zu überlassen, die über genügend Speicherkapazitäten verfügen und wissen, wann sie neue Server anschaffen müssen, wann neue Programme oder neue Lizenzen zu erwerben sind oder welche Vorbeugungen man für den Pannenfall vornimmt. Der Kunde selbst muss deutlich weniger in seine Datenspeicherung investieren, was ihm einen deutlichen Wettbewerbsvorteil verschafft.

Luxemburger Wort: Um einem solchen Anbieter seine Daten anzuvertrauen, muss man sicher sein, dass sie entsprechend geschützt sind. Können sich die Kunden darauf verlassen?

Octavie Modert: Luxemburg hat sich immer für eine strikte Datenschutzgesetzgebung eingesetzt, auch in dieser Hinsicht verfügt das Großherzogtum über einen Standortvorteil, für den mein Vorgänger François Biltgen und ich uns auf EU-Ebene eingesetzt haben und auch weiter einsetzen werden.

Luxemburger Wort: Die hohen Datenschutzbestimmungen können aber auch ein Hindernis sein, zum Beispiel wenn Unternehmen ihre Daten einer virtuellen Wolke anvertrauen wollen, die im Ausland schwebt.

Octavie Modert: Deswegen ist die geplante EU-Datenschutzverordnung wichtig, die die zuständige Kommissarin Viviane Reding im vergangenen Jahr vorgestellt hatte und die momentan im Rat der Justizminister diskutiert wird. Die Regelung sieht vor, dass die Kunden sich an die nationale Datenschutzbehörde des EU-Landes wenden, in dem sie ihre Hauptniederlassung haben; diese Behörde nimmt dann im Bedarfsfall Kontakt zum zuständigen Amt in einem anderen EU-Staat auf. Für die Kunden und die Betriebe vereinfacht sich also so einiges, ohne den Datenschutz zu lockern. Die Technologie entwickelt sich enorm schnell. Deswegen muss man sich rechtzeitig Gedanken über den rechtlichen Rahmen machen, um für Sicherheit zu sorgen.

Luxemburger Wort: Um die Vorzüge des Cloud Computing hervorzuheben, könnte der Staat selbst mit gutem Beispiel vorangehen und seine Datenmengen in die Wolke verlagern.

Octavie Modert: Auch der Staat kann durch das Cloud Computing Geld sparen, und als zuständige eGovernment-Ministerin setze ich darauf, dass der Staat in Zukunft seine Daten vermehrt in der Wolke ablagern wird. Ich kann mir das zum Beispiel sehr gut bei digitalisierten Dateien der Nationalbibliothek vorstellen; ich kann mir das aber langfristig ebenso gut für nicht-öffentliche Daten vorstellen, denn wir wissen, dass wir den in Luxemburg angesiedelten Datenzentren vertrauen können.

Luxemburger Wort: Die kleine Änderung am Handelsgesetzbuch ging relativ schnell über die Bühne, die Reform des Konkursrechts dauert indes ziemlich lange.

Octavie Modert: Weil es sich dabei um eine komplizierte Materie handelt. Zunächst müssen wir uns über die Grundausrichtung im Klaren sein: Wollen wir Konkurse vermeiden oder wollen wir die am Konkurs beteiligten Parteien schützen? Die Amerikaner sehen in einem Bankrott die Chance für einen Neuanfang, in Europa wird ein Konkurs quasi als Schande bewertet. Über diese Grundsatzfrage diskutieren wir seit mindestens 15 Jahren schon; zudem handelt es sich um ein sehr umfangreiches Gesetz, das sich nicht im Handumdrehen Umsetzen lässt. Die Änderung am Handelsgesetzbuch, die das Parlament vor einigen Wochen angenommen hat, ist ein kleiner Teil der großen Reform des Konkursrechts, die noch kommen wird.

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