Félix Braz au sujet de ses priorités en tant que ministre de la Justice

"Ich möchte eine komplette Trennung zwischen Politik und Justiz sorgen"

"Priorität haben die großen Reformen im Bereich des Familienrechts (Ehe, Scheidung, Adoption, gemeinsames elterliches Sorgerecht,...), das Nationalitätengesetz, das Gesetz über den Schwangerschaftsabbruch sowie die Reformen im Strafvollzug samt Bau des Untersuchungsgefiingnisses in Ueschterhaff, eine bauliche Voraussetzung, um in Schrassig die räumlichen Bedingungen zu schaffen, die notwendig sind, um mit den Häftlingen so zu arbeiten, wie es die Reform vorsieht. Wichtig ist auch die Reform der Konkursgesetzgebung. Last but not least wird die EU-Ratspräsidentschaft 2015 ein wichtiger Punkt für das Justizministerium sein."

Luxemburger Wort: Herr Braz, Sie sammeln erste Er fahrungen als Regierungsmitglied. Wie war der Übergang von der Oppositionsbank auf den Ministersessel?

Félix Braz: Der Übergang vom Parlament in die Regierung war fließend, weil es dazwischen keine Pause gab. Am Tag nach der Vereidigung fuhr ich gleich zu einem Rat der europäischen Justizminister nach Brüssel. Der Übergang ging undramatisch über die Bühne, einige der Mitarbeiter im Ministerium kannte ich bereits aus meiner zehnjährigen Zeit als Mitglied der parlamentarischen Justizkommission. Ich habe mich schnell zurecht gefunden.

Luxemburger Wort: Einerseits will die Regierung sparen, andererseits stehen kostspielige Reformen und Neuerungen an, z. B. die Schaffung des Conseil national de la justice oder des Obersten Gerichtshofs. Stehen diese Dinge nicht in Widerspruch zueinander?

Félix Braz: Diese Reformen sind nicht kostspielig, aber wichtig und notwendig. Bei der Einführung eines Conseil national de la justice handelt es sich um eine wesentliche Reform, die die Unabhängigkeit der Justiz von der Politik garantiert. Das ist im Interesse der Bürger. Im Übrigen besteht Politik nicht nur aus Finanzpolitik.

Luxemburger Wort: Sie haben vergangenes Jahr dem ehemaligen Justizminister Luc Frieden vorgeworfen, sich in laufende Verfahren eingemischt zu haben. Was werden Sie unternehmen, um nicht Gefahr zu laufen, in die gleiche Situation zu geraten?

Félix Braz: Ich sehe da keine Gefahr. In so etwas rutscht man nicht hinein, wenn man das nicht will. Die Unabhängigkeit der Justiz ist ein Grundpfeiler des Rechtsstaates. Die Bürger müssen sich sicher sein können, dass die Richter, die über sie urteilen, einzig und allein dem Gesetz verpflichtet sind und nicht politischen Wünschen. In Luxemburg ist die Justiz nicht vollständig unabhängig von der Politik, z. B was die Ernennung und Beförderung der Richter angeht, auch wenn es sich dabei seit Jahren nur noch um eine Formsache handelt. Ich möchte für eine komplette Trennung zwischen Politik und Justiz sorgen, dazu gehört maßgeblich auch die Schaffung des Conseil national de la justice. Dieses Organ muss in meinen Augen Verfassungsrang haben, um über die nötige Legitimität und auch über die nötige Glaubwürdigkeit zu verfügen. Wir sollten das Prinzip im Rahmen der Verfassungsrevision in der Verfassung verankern.

Luxemburger Wort: Wird das angesichts des geplanten Referendums Anfang 2016 zeitlich nicht sehr eng?

Félix Braz: Für die Schaffung des Conseil national de la justice sehe ich keine Probleme. Es reicht, das Prinzip dieses Gremiums in die Verfassung einzuschreiben. Danach werden die Gesetze ausgearbeitet. Anders beim Obersten Gerichtshof. Er wird nicht aus dem Nichts geschaffen, sondern ersetzt bestehende Organe, das Verfassungs-, gericht und die Cour suprieure. Wenn die neue Verfassung in Kraft tritt, müssen zeitgleich auch alle notwendigen Gesetze zur Umsetzung des Obersten Gerichtshofs in Kraft treten. Das erste Votum über die -neue Verfassung- findet im Prinzip bereits vor Ende 2015 statt, deshalb ist es fraglich, ob die Cour suprme tatsächlich bis dahin geschaffen werden kann. Anders als beim Conseil national de la justice, der in meinen Augen dringend geschaffen werden muss, besteht bei der Cour suprme geringerer Zeitdruck. Sie muss nicht zwangsläufig sofort Teil der Verfassungsrevision sein. Was soll die Schaffung des Obersten Gerichtshofs bewirken? Der Oberste Gerichtshof würde die Einheit der Rechtsprechung sicherstellen. Eine Neuheit wäre die Einführung der Kassation im Verwaltungsrecht. Der Oberste Gerichtshof würde die Cour sup& rieure und das jetzige Verfassungsgericht ersetzen. Die Kontrolle der Verfassungsmäßigkeit würde demnach auf alle Gerichte übertragen, ohne question prjudicielle.

Luxemburger Wort: Die Verfassungsreform verlangt eine Zwei-Drittel-Mehrheit. Dazu muss die Regierung die CSV mit ins Boot holen. Wie gedenken Sie dies zu tun?

Félix Braz: Ich hoffe, dass die Mehrheit eine größere sein wird als nur zwei Drittel. Die Verfassungsrevision ist nicht die alleinige Verantwortung einer parlamentarischen Mehrheit, sondern sollte von allen Parteien getragen werden, weil es sich um das Grundgesetz aller Bürger handelt. Eigentlich kann man nicht von einer einfachen Revision, sondern man muss von einer neuen Verfassung sprechen. Im Übrigen ist die Verfassung eine ureigene Kompetenz des Parlaments, nicht der Regierung.

Luxemburger Wort: Sie haben für dieses Jahr Bürgerforen insbesondere über die Herausforderungen und Ziele der Verfassung angekündigt. Wann sollen diese Foren beginnen und in welcher Form?

Félix Braz: Ich wünsche mir eine breite Debatte, nicht nur in den Foren, in denen die Politik den Menschen Rede und Antwort steht. Ich wünsche mir, dass die Bürger unter sich diskutieren, auch die Medien müssen ihren Beitrag zur Diskussion über die künftige Ausrichtung unserer Gesellschaft leisten. Wir brauchen eine sachliche und kontroverse Debatte. Die Foren sind nur ein Element davon. Bevor die öffentliche Debatte stattfinden kann, muss über den Inhalt der Revision informiert werden. Neben der vollständigen Dokumentation via Internet muss es eine leicht verständliche Zusammenfassung über die Herausforderungen und die Änderungen der Verfassungsrevision samt Erklärungen dazu geben. Island hat vor einigen Jahren eine umfassende Verfassungsreform und im Vorfeld ein erstes Referendum über indikative Fragen durchgeführt, deren Ergebnisse in die Texte eingeflossen sind, bevor bei einer zweiten Volksabstimmung über die Verfassung abgestimmt wurde. Wir wollen einen ähnlichen Weg einschlagen.

Luxemburger Wort: Sie planen mehrere Referenden, u. a. über das Ausländerwahirecht. Die CSV warnt davor. Bleibt es dabei, dass Sie das Volk zu diesem Punkt befragen?

Félix Braz: Die Liste der Fragen, über die das Volk zu entscheiden haben wird, steht noch nicht definitiv. Die im Regierungsabkommen erwähnten Fragen sind indikativ. Ziel ist es, in der Institutionenkommission zu einem breiten Konsens über die definitive Liste zu kommen. Die Liste kann verändert, verlängert oder verkürzt werden. Das Parlament entscheidet, welche Fragen gestellt werden. Die Regierung wird die Entscheidungen der Wähler natürlich respektieren.

Luxemburger Wort: Im Justizressort stehen viele, auch kleinere Reformen an. Wo liegen Ihre Prioritäten?

Félix Braz: Priorität haben die großen Reformen im Bereich des Familienrechts (Ehe, Scheidung, Adoption, gemeinsames elterliches Sorgerecht,...), das Nationalitätengesetz, das Gesetz über den Schwangerschaftsabbruch sowie die Reformen im Strafvollzug samt Bau des Untersuchungsgefiingnisses in Ueschterhaff, eine bauliche Voraussetzung, um in Schrassig die räumlichen Bedingungen zu schaffen, die notwendig sind, um mit den Häftlingen so zu arbeiten, wie es die Reform vorsieht. Wichtig ist auch die Reform der Konkursgesetzgebung. Last but not least wird die EU-Ratspräsidentschaft 2015 ein wichtiger Punkt für das Justizministerium sein.

Luxemburger Wort: In welchen Bereichen wollen Sie neue Akzente setzen?

Félix Braz: Zunächst möchte ich Reformprojekte, die sich bereits auf dem Instanzenweg befinden, zu einem Abschluss bringen. Das Gesetz zum Eherecht wird wahrscheinlich noch vor der Sommerpause verabschiedet werden können. Bei der Reform des Scheidungsrechts überlegen wir, das bestehende Projekt zurückzuziehen und ganz von vorne zu beginnen, um in wesentlichen Punkten schneller zu einem Abschluss zu kommen. Elf Jahre dauern nun schon die Arbeiten an dieser Reform. Bis auf ganz gravierende Ausnahmen, bei Gewaltanwendung z. 8., wollen wir den divorce pour faute abschaffen, eine Angelegenheit, die, wie wir seit langem wissen, für erhebliche Spannungen zwischen Ehepartnern sorgt. Wir werden auch weiterhin im Zivil-, im Straf- und in Handelsrecht viel Detailarbeit leisten. Punktuelle Projekte, die zwar in der Öffentlichkeit kein Aufsehen erregen, die aber in der alltäglichen Arbeit von zentraler Bedeutung sind. Ich denke da z. B. an den Wechsel von Magistraten zwischen den einzelnen Gerichtsbarkeiten. Unspektakulär, aber für die Effizienz des Justizwesens sehr wichtig.

Luxemburger Wort: Wie geht es weiter mit der Reform der Gesetzgebung über den Schwangerschaftsabbruch?

Félix Braz: Den Schwangerschaftsabbruch werden wir aus dem Strafgesetzbuch streichen, aus der zweiten obligatorischen Beratung wird ein Recht auf Beratung und wir denken über Änderungen bei der Fristenlösung nach. Frauen sollen bis zur 14. Schwangerschaftswoche selbst entscheiden. Ich rechne damit, dass das Gesetz in den kommenden zwei bis drei Wochen deponiert werden kann.

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