François Biltgen au sujet des réformes dans le domaine de la justice

Luxemburger Wort: Herr Minister, wie geht es Ihnen? Haben Sie sich von Ihrer Schilddrüsenoperation erholen können?

François Biltgen: Die Operation war erfolgreich. Aber ich muss mich physisch noch schonen. Ich vermeide daher viele öffentliche Auftritte, arbeite aber an meinen Dossiers weiter. Zurzeit beschäftigt die Gafi-Gesetzgebung mich sehr.

Luxemburger Wort: Am 22. Oktober wollen die Experten der Geldwäsche-Bekämpfung überprüfen, ob sich Luxemburg den Standards angepasst hat. Viel Zeit bleibt Ihnen nicht mehr.

François Biltgen: Nein. Der Gafi ist sicherlich nur ein informelles Organ, aber wenn die Experten den Finanzplatz auf eine Graue Liste setzen, haben wir ein großes Problem. Es geht um den guten Ruf und das Vertrauen in den Finanzplatz Luxemburg. Ich bin zuversichtlich, dass wir das Gafi-Gesetzpaket Mitte Oktober in der Abgeordnetenkammer zur Abstimmung bringen können.

Luxemburger Wort: Warum hat es denn solange gedauert, bis das Paket vorlag. Die Gafi-Drohung stammt immerhin vom Februar?

François Biltgen: Das war schon eine Knochenarbeit, die Empfehlungen in einem großen Wurf in die bestehende Gesetzgebung einzuarbeiten. Es waren viele juristisch knifflige Detailfragen zu klären. Es ist ja kein Geheimnis, dass lange Jahre - unter dem Druck der Lobbys - so wenig wie möglich von solchen Empfehlungen übernommen wurden. Nun müssen wir sehr schnell unser legislatives Arsenal nachrüsten. Es ist ja so, dass selten die primäre Straftat, die zum Weißwaschen führt, in Luxemburg begangen wird. Die internationale Rechtshilfe funktioniert übrigens sehr gut.

Luxemburger Wort: Der Staatsrat und auch die Anwaltskammer übten Kritik an der Vorlage. Die Anwälte wehren sich dagegen, das Mini-Ermittlungsverfahren auf Geldwäschefälle auszuweiten. Sie befürchten, dass die Rechte der Verteidigung bei diesem Schnellverfahren auf der Strecke bleiben.

François Biltgen: Wir haben gemeinsam mit dem parlamentarischen Ausschuss Änderungsanträge ausgearbeitet. Zum Beispiel werden wir den rechtlichen Beistand durch einen Anwalt von Anfang an beim Mini-Ermittlungsverfahren vorsehen. Eine Reform, die wir ohnehin demnächst insgesamt in der Strafprozessordnung vorschlagen wollen.

Luxemburger Wort: Sie haben angekündigt, das Strafgesetzbuch überarbeiten zu wollen.

François Biltgen: Unser Strafgesetzbuch entspricht in manchen Punkten nicht mehr unserer Lebenswirklichkeit. Wir stellen Kavaliersdelikte unter verhältnismäßig harte Strafen, während wir beispielsweise Finanzdelikte eher milde bestrafen. Wir müssen uns als Gesellschaft fragen, was wir unter Strafe stellen wollen. Und wir müssen kritisch hinterfragen, ob Haftstrafen wirklich immer die gegeignete Antwort auf die Störung der öffentlichen Ordnung sind.

Luxemburger Wort: Sie wollen einen alternativen Strafvollzug.

François Biltgen: Ja. Eine Arbeitsgruppe ist damit betraut. Das Ziel der Vollzugsplanung im Gefängnis muss die Resozialisierung und die Rückfallprävention sein. Natürlich muss ein Gefängnis sicher sein. Aber für echte Sicherheit in der Bevölkerung kommt es doch vor allem darauf an, dass sich die Insassen nach ihrer Haftstrafe wieder in die Gesellschaft eingliedern und nicht mehr rückfällig werden. Wir müssen sie während der Haft auf das Leben nach der Gefangenschaft vorbereiten. Beim Freiheitsentzug soll nicht mehr die Staatsanwaltschaft für Strafurlaub oder frühzeitige Entlassungen zuständig sein, sondern eine neuzuschaffende richterliche Instanz.

Luxemburger Wort: Ist das Gefängnis denn wirklich ein Spiegelbild der Gesellschaft?

François Biltgen: Zumindest ein Spiegelbild unseres Wirtschaftslebens. Wir haben zurzeit 616 Insassen. Davon 359 Einheimische. 177 Luxemburger und 439 Ausländer. Wir vergessen oft, dass ein Mensch sich läutern kann. Die Haftdauer muss hier unterstützend und vorbereitend wirken. Wegsperren und auf Besserung hoffen, muss definitiv der Vergangenheit angehören.

Luxemburger Wort: Ihr Vorgänger, Luc Frieden, hatte die Idee eines Conseil national de la magistrature von einem weiteren Ihrer Vorgänger, Ombudsman Marc Fischbach, aufgegriffen. Die Richter waren allerdings skeptisch.

François Biltgen: Wir treiben diese Idee voran. Allerdings sprechen wir nun wieder von einem Conseil national de la Justice. Es geht einerseits darum, die Unabhängigkeit der Justiz gegenüber der Politik zu stärken, betreffend die Ernennung, die Beförderung und die disziplinarische Verantwortung der Richter. Andererseits soll eine externe Sicht auf die Abläufe im Justizwesen - im Sinne einer Qualitätssicherung - eine weitere Aufgabe dieses Gremiums sein, das in der neuen Verfassung verankert werden soll. Ich kann mir deshalb vorstellen, dass die Zusammensetzung dieses Gremiums je nach der Aufgabe, die es zu bewältigen gilt, variiert. Die Berufslaufbahn der Richter darf nicht politisiert werden. Dazu teile ich die richterlichen Bedenken. Der Conseil national de la Justice sollte aber auch eine Anlaufstelle für die Bürger werden, um das Verständnis und die Abläufe des Rechtsstaats zu stärken.

Luxemburger Wort: Sie haben eine Reihe von Gesellschaftsreformen im Parlament eingereicht. Wo sehen Sie noch Handlungsbedarf?

François Biltgen: Ich glaube, dass es uns gelungen ist, bei der Frage der gleichgeschlechtlichen Ehe und der Adoption einen großen gesellschaftlichen Konsens zu erreichen. Das war nicht selbstverständlich. Die Diskussion ist noch nicht vorbei, aber ich erwarte mir eine sachliche und faire Auseinandersetzung auch bei der Reform des Schwangerschaftsabbruchs.Wir müssen auch ethische Fragen der Biomedizin klären. Ich habe zusammen mit Gesundheitsminister Mars Di Bartolomeo die nationale Ethikkommission gebeten, ein Seminar zu diesen Fragen abzuhalten, um die Debatte zu objektivieren.

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